Ist der Brexit nun eher ein Argument für oder gegen Volksentscheide?
Update:
Ich stehe dem Volksentscheid besonders dann kritisch gegenüber, wenn er nicht an qualifizierte Mehrheiten und eine Mindestwahlbeteiligung gebunden ist.
Dafür, weil es wenigstens ein Land gibt, an dem selbst eine dermaßen knappe Mehrheitsentscheidung respektiert und nicht uminterpretiert oder durch andauernde Wiederholung des Referendums zunichtegemacht wird. Der Brexist war zudem für beide Seiten die richtig Entscheidung. Die Briten sind damit ja erst einmal nur aus der Gemeinschaftswährung und nicht aus der EU raus.
Auf alle für Volksentscheide. Ich sehe mir die Schweiz an, da werden über wichtige Entscheidungen Volksabstimmungen gemacht. Ist nicht immer leicht für die Politik, aber demokratisch.
Es ist ganz einfach, wenn das Volk bei wichtigen Themen nicht selbst entscheiden kann, wenn nationale Souveränität "abgegeben" werden soll, wenn ein nicht vom Volk gewähltes EU-Parlament Nationen entmachten und über die Köpfe der Völker hinweg entscheiden soll, wenn jetzt auch CETA auf die Weise durchgedrückt werden soll, um so TTIP durch die Hintertür zu etablieren, dann ist das, was uns als "Demokratie" schlichtweg "verkauft" werden soll ganz klar "keine" (!!!) Demokratie, vollkommen egal, wie schön diese undemokratischen Vorgänge dann auch "formuliert" und "legitimiert" werden sollen, dass verstehen auch die Bevölkerungen und deswegen garantiere ich dir, dass Nationalisten immer mehr Zuspruch bekommen werden, je weniger sich diese Verhältnisse ändern und je mehr von den Machthabern daran festgehalten wird, was derzeit ja leider geschieht.
Sehe ich nicht so - auch wenn man sich in vielen Fragen bestimmt nicht immer auf die "Weisheit" der Massen verlassen kann, weil sie sich zu leicht manipulieren lassen.
Allerdings wäre es bei so fundamentalen Fragen wie dem Brexit vielleicht besser gewesen, wenn man sich nicht auf die absolute Mehrheit, sondern eine Zwei-Drittel-Mehrheit verlassen hätte. So scheint das Land ziemlich gespalten zu sein, und irgendwie scheint auch keiner so richtig mit dem Ergebnis zufrieden zu sein.
Wenigstens war die Teilnahme an der Wahl halbwegs ordentlich, so dass sich daran weniger mäkeln lässt. Bei den Wahlbeteiligungen, die man bei uns in den letzten Jahren beobachten konnte, wäre mal so richtig der Bär los gewesen.
Letzteres halte ich mit für einen Grund, warum Volksentscheide kein praktikabler Weg wären. Vorrangigen Grund sehe ich aber in der Medienmacht einzelner Akteure bei uns, die kein richtiges Gegengewicht haben. Das Internet verändert diese "Meinungshegemonie" war ordentlich, aber auch nicht immer zum Besseren, denn jetzt finden die "Aluhutträger" zunehmend mehr Gehör.
Da finde ich die "Filtermechanismen" der repräsentativen Demokratie wieder gar nicht so verkehrt.
Volksentscheide finde ich deshalb weniger wichtig, als die Transparenz, Abgeordneten und Parlamenten mehr auf die Finger zu schauen und den umgreifenden Lobbyismus stärker einzudämmen.
Das halte ich für das wirksamere Mittel für ein Mehr an demokratischen Verhältnissen.
Deshalb bin ich tendenziell eher gegen Volksentscheide bei uns.
In der Schweiz funktioniert das meines Erachtens nur besser, weil das Land bedeutend weniger Einwohner hat, die dann am Ende doch gebildeter zu sein scheinen und aufgrund ihrer ökonomischen Grundbedingungen mehr soziale Sicherheit haben, die es weitestgehend verhindert, dass die Leute jedem Idioten mit der krawalligsten Forderung hinterher zu rennen.
Das sind alles Faktoren, die bei uns nicht, oder nicht mehr gegeben sind.
Nachtrag:
Ich bin übrigens ein Befürworter der Volksabstimmung auf kommunaler Ebene. Das finde ich dann wieder besser, weil das wieder überschaubarer wird und der öffentliche Diskurs in der Regel etwas sachlicher und genauer stattfindet.
In meiner Stadt stand jedenfalls schon ein Großprojekt zur Abstimmung. Wenn hier der Bürger abstimmen kann, empfinde ich das als geeignetes Mittel direkter Demokratie und Beteiligung am politischen Entscheidungsprozess.
Leider muss man hier bemerken, dass die Wahbeteiligung äußerst mager ausfiel. Nur knapp über 50% der Wahlberechtigten hatten überhaupt abgestimmt. Das waren schon deutlich weniger Wähler, als bei den Kommunalwahlen, deren Beteiligung auch immer magerer ausfällt.
Es muss ja jeder selbst wissen, aber für mein Empfinden kostet es nicht viel Mühe, sich in einem Ballungsraum am Sonntag zur Wahlurne zu begegeben. Das ist ein kleiner Sonntagsspaziergang.
Das zeigt eben auf, dass solche Mittel der direkten Beteiligung auch angenommen werden müssen, damit sie taugen, aber letztendlich entsprechen die Wahlbeteiligungen in unserem Land wohl auch der allgemeinen Politikverdrossenheit, wenn selbst solche Möglichkeiten der direkten Beteiligung nicht angenommen werden.
Dabei wird in meiner Stadt mit diesen Möglichkeiten bestimmt nicht inflationär umgegangen. Meines Wissens gab es bisher überhaupt nur zwei Abstimmungen dieser Art.
Für mich ist das Beispiel des Brexit ein klares Argument gegen einen Volksentscheid auf Landesebene. Rechtspupulisten können mit leeren Versprechungen und simplen Schlagworten unzufriedene Menschen und Leute mit geringer Bildung sehr leicht zu Entscheidungen bringen, deren Tragweite sie nicht kennen und auch nicht überblicken können.
Answers & Comments
Dafür, weil es wenigstens ein Land gibt, an dem selbst eine dermaßen knappe Mehrheitsentscheidung respektiert und nicht uminterpretiert oder durch andauernde Wiederholung des Referendums zunichtegemacht wird. Der Brexist war zudem für beide Seiten die richtig Entscheidung. Die Briten sind damit ja erst einmal nur aus der Gemeinschaftswährung und nicht aus der EU raus.
Auf alle für Volksentscheide. Ich sehe mir die Schweiz an, da werden über wichtige Entscheidungen Volksabstimmungen gemacht. Ist nicht immer leicht für die Politik, aber demokratisch.
Es ist ganz einfach, wenn das Volk bei wichtigen Themen nicht selbst entscheiden kann, wenn nationale Souveränität "abgegeben" werden soll, wenn ein nicht vom Volk gewähltes EU-Parlament Nationen entmachten und über die Köpfe der Völker hinweg entscheiden soll, wenn jetzt auch CETA auf die Weise durchgedrückt werden soll, um so TTIP durch die Hintertür zu etablieren, dann ist das, was uns als "Demokratie" schlichtweg "verkauft" werden soll ganz klar "keine" (!!!) Demokratie, vollkommen egal, wie schön diese undemokratischen Vorgänge dann auch "formuliert" und "legitimiert" werden sollen, dass verstehen auch die Bevölkerungen und deswegen garantiere ich dir, dass Nationalisten immer mehr Zuspruch bekommen werden, je weniger sich diese Verhältnisse ändern und je mehr von den Machthabern daran festgehalten wird, was derzeit ja leider geschieht.
https://www.youtube.com/watch?v=QqsjKChTyMY&index=...
fuer
Sehe ich nicht so - auch wenn man sich in vielen Fragen bestimmt nicht immer auf die "Weisheit" der Massen verlassen kann, weil sie sich zu leicht manipulieren lassen.
Allerdings wäre es bei so fundamentalen Fragen wie dem Brexit vielleicht besser gewesen, wenn man sich nicht auf die absolute Mehrheit, sondern eine Zwei-Drittel-Mehrheit verlassen hätte. So scheint das Land ziemlich gespalten zu sein, und irgendwie scheint auch keiner so richtig mit dem Ergebnis zufrieden zu sein.
Wenigstens war die Teilnahme an der Wahl halbwegs ordentlich, so dass sich daran weniger mäkeln lässt. Bei den Wahlbeteiligungen, die man bei uns in den letzten Jahren beobachten konnte, wäre mal so richtig der Bär los gewesen.
Letzteres halte ich mit für einen Grund, warum Volksentscheide kein praktikabler Weg wären. Vorrangigen Grund sehe ich aber in der Medienmacht einzelner Akteure bei uns, die kein richtiges Gegengewicht haben. Das Internet verändert diese "Meinungshegemonie" war ordentlich, aber auch nicht immer zum Besseren, denn jetzt finden die "Aluhutträger" zunehmend mehr Gehör.
Da finde ich die "Filtermechanismen" der repräsentativen Demokratie wieder gar nicht so verkehrt.
Volksentscheide finde ich deshalb weniger wichtig, als die Transparenz, Abgeordneten und Parlamenten mehr auf die Finger zu schauen und den umgreifenden Lobbyismus stärker einzudämmen.
Das halte ich für das wirksamere Mittel für ein Mehr an demokratischen Verhältnissen.
Deshalb bin ich tendenziell eher gegen Volksentscheide bei uns.
In der Schweiz funktioniert das meines Erachtens nur besser, weil das Land bedeutend weniger Einwohner hat, die dann am Ende doch gebildeter zu sein scheinen und aufgrund ihrer ökonomischen Grundbedingungen mehr soziale Sicherheit haben, die es weitestgehend verhindert, dass die Leute jedem Idioten mit der krawalligsten Forderung hinterher zu rennen.
Das sind alles Faktoren, die bei uns nicht, oder nicht mehr gegeben sind.
Nachtrag:
Ich bin übrigens ein Befürworter der Volksabstimmung auf kommunaler Ebene. Das finde ich dann wieder besser, weil das wieder überschaubarer wird und der öffentliche Diskurs in der Regel etwas sachlicher und genauer stattfindet.
In meiner Stadt stand jedenfalls schon ein Großprojekt zur Abstimmung. Wenn hier der Bürger abstimmen kann, empfinde ich das als geeignetes Mittel direkter Demokratie und Beteiligung am politischen Entscheidungsprozess.
Leider muss man hier bemerken, dass die Wahbeteiligung äußerst mager ausfiel. Nur knapp über 50% der Wahlberechtigten hatten überhaupt abgestimmt. Das waren schon deutlich weniger Wähler, als bei den Kommunalwahlen, deren Beteiligung auch immer magerer ausfällt.
Es muss ja jeder selbst wissen, aber für mein Empfinden kostet es nicht viel Mühe, sich in einem Ballungsraum am Sonntag zur Wahlurne zu begegeben. Das ist ein kleiner Sonntagsspaziergang.
Das zeigt eben auf, dass solche Mittel der direkten Beteiligung auch angenommen werden müssen, damit sie taugen, aber letztendlich entsprechen die Wahlbeteiligungen in unserem Land wohl auch der allgemeinen Politikverdrossenheit, wenn selbst solche Möglichkeiten der direkten Beteiligung nicht angenommen werden.
Dabei wird in meiner Stadt mit diesen Möglichkeiten bestimmt nicht inflationär umgegangen. Meines Wissens gab es bisher überhaupt nur zwei Abstimmungen dieser Art.
ohne den volksentscheid waere man die englaender nie los geworden...eine tolle sache also.
Nur weil der Brexit nicht so ausgegangen ist wie hierzulande allgemein erhofft und erwartet muss man Volksentscheide nicht verdammen.
Ich verstehe ihn aktuell als Warnung an alle Nichtwähler.
Für mich ist das Beispiel des Brexit ein klares Argument gegen einen Volksentscheid auf Landesebene. Rechtspupulisten können mit leeren Versprechungen und simplen Schlagworten unzufriedene Menschen und Leute mit geringer Bildung sehr leicht zu Entscheidungen bringen, deren Tragweite sie nicht kennen und auch nicht überblicken können.
Auf jeden Fall gegen.
"Rechte und Konservative kommen ohne Denken aus"
Ein besseres Beispiel als die Engländer oder Trump, kann es doch nicht geben.